2011- wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
"Deutsche Literatur des 18. - 20. Jahrhunderts" der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Nicolas Pethes)
2009-2011 Elternzeit
2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
"Europäische Literatur und Mediengeschichte" der FernUniversität in
Hagen (Prof. Dr. Nicolas Pethes)
2002-2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kulturwissenschaftlichen
Forschungskolleg "Medien und kulturelle Kommunikation" in Köln
2003-2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Emmy Noether-Forschungsgruppe "Kulturgeschichte des Menschenversuchs" in Bonn
1995-2001 Studium an der Universität zu Köln
(Germanistik, Anglistik/Amerikanistik, Philosophie). M.A. mit einer
Arbeit über Techniken der Visualisierung und Reflexion in E.T.A.
Hoffmanns "Die Elixiere des Teufels".
Literatur- und Medientheorie
Science Studies, Poetologien des Wissens, Diskursgeschichte der Psychologie
Literatur der Romantik, American Renaissance, Moderne und Postmodern
WS 2009/10 an der Universität zu Köln Franz Kafkas Romane
Das literarische Schaffen Franz Kafkas verkörpert und reflektiert wie
kaum ein zweites die Umwälzungen in den gesellschaftlichen Machtstrukturen, die
technologischen Herausforderungen und die anthropologischen Verwerfungen, denen
sich der moderne Mensch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgesetzt sieht. Das
Seminar möchte sich diesem Schaffen und den von ihm aufgeworfenen Fragen über Kafkas
›große
Literatur‹, also seine drei fragmentarisch gebliebenen Romane, nähern.
Anschließend an eine Rekonstruktion der zeitgenössischen Diskurse,
welche in die Textur und die Fragestellungen von Der Verschollene, Der Prozeß
und Das Schloß eingegangen sind, soll
in die klassischen Themen der Kafka-Forschung eingeführt werden: beispielsweise
in die Inszenierung der Brüchigkeit moderner Subjektivität, die sich unter anderem in der hyperfragilen
Position des Sohnes und in dem alles andere als souveränem Verhältnis, die das
kafkasche Subjekt zur Dingwelt einnimmt, artikuliert, oder in das
Beziehungsgeflecht, das Macht und Recht, Bürokratie und Biopolitik,
Institutionen und Medientechnologien zueinander unterhalten, oder auch in die Frage
nach den spiegelbildlichen Verhältnissen, die Körper und Schrift, Leben und
Diskurs im Erzählen Kafkas miteinander eingehen.
Durch ein ›close reading‹ der Romane soll eine Poetologie Kafkas
greifbar werden, durch die sich die Verwicklungen, die Darstellung und Dargestelltes in der
Verhandlung der angedeuteten Fragen eingehen und die sich in der Auflösung
realistischer Narrationsstrategien zugunsten eines gestischen und
kinematographischen Erzählens niederschlagen, rekonstruieren lassen. Darüber
hinaus soll danach gefragt werden, welche Beziehungen die Romane zu den anderen
Schriften Kafkas unterhalten und ob sich mit der Veränderung des Personals von Karl
Roßmann über den Prokuristen Josef K. zu dem Landvermesser K. auch eine
Evolution des kafkaschen Schreibens verbindet. Schließlich wird die
Problematisierung der Produktion von Sinn, die Infragestellung der Möglichkeit
des Interpretierens und Verstehens von Sprache und Leben, in die sich Kafkas
Texte immer wieder vertiefen, aufzugreifen und auf die eigene
literaturwissenschaftliche Praxis anzuwenden sein.
SS 2009 an der Universität zu Köln Robert Musil: Der Mann
ohne Eigenschaften Robert
Musils unabgeschlossener Monumentalroman gilt nicht nur als einer der
Grundlagentexte zum Verständnis der Umwälzungen, die sich im Übergang vom 19.
zum 20. Jahrhundert vollzogen haben, sondern durch seine Materialfülle und
Darstellungsweise auch als außerordentlich unüberschaubar und widerständig.
Dass sich der Mann ohne Eigenschaften geordneten und eindeutigen
Sinnzuweisungen weitgehend entzieht, erklärt sich dabei weniger – anders als in
vergleichbaren Texten der literarischen Moderne – aus der Unverständlichkeit
seiner Sprache oder der Unzugänglichkeit seiner Bildlichkeit als aus einer
Erzählweise, welche die ›Geschichte‹ des Romans unendlich retardiert, einzelne
Handlungsmomente und thematische Blöcke in immer neue, immer andere Kontexte
verschiebt sowie die Konturen der Romanfiguren in ihrem Changieren zwischen
individueller Subjektivität und allgemeinem Prototyp verschwimmen lässt. Die
Elemente des Romans ordnen sich keinem – sei es topologischen, sei es
chronologischen – Ordnungsschema unter, das es zu bestimmen erlauben könnte,
was eine Person oder ein Ereignis ist; vielmehr werden alle Figuren, Probleme
und Begebenheiten als Teil eines »Kraftfeldes« und somit nur relational, als
»abhängige Funktionen«, in dem Wie ihres Operierens sichtbar.
Das
Seminar möchte Teile dieses Kraftfeldes abbilden und somit einen Zugriff auf
die Ununterscheidbarkeit von essayistischer und narrativer Schreibweise,
Sprechen und Handeln, von Wirklichkeit und Möglichkeit, Personen und Dingen
ermöglichen, indem es sich besonders auf die Rekonstruktion der
epistemologischen und wissenshistorischen Grundlagen des Mann ohne Eigenschaften
konzentriert. Hierzu sollen die diskursiven Verflechtungen, die Musils Roman zu
Mathematik, Experimentalpsychologie, Physik, Kriegs- und Medientechnologien
unterhält und reflektiert, nachgezeichnet werden, so dass erklärbar wird, wie
um 1900 eine Zurichtung des modernen Menschen entstehen konnte, die von
»anderen Zuständen« zu träumen aufgibt.
SS 2009 an der Universität zu Köln
Literatur und/als Psychoanalyse Dass
psychoanalytische Beschreibungen des Menschen außerordentliche enge Beziehungen
zu literarischen Denk- und Beobachtungsweisen unterhalten, tritt bereits in der
Namensgebung psychologischer Mechanismen und Perversionen deutlich vor Augen.
So beziehen beispielsweise der Ödipus-Komplex wie auch der Narzissmus, der
Sadismus oder der Masochismus ihre theoretische Anschaulichkeit von den
literarischen bzw. mythologischen Vorlagen, die ihnen zugrunde liegen. Wie eng
und tiefgehend das Verhältnis von Literatur und Psychoanalyse tatsächlich ist,
kann durch einen Blick auf die nomenklatorische Oberfläche aber kaum deutlich
werden. Das Seminar möchte diesem Verhältnis daher eingehender nachspüren,
indem es einerseits die Schriften Sigmund Freuds und einiger seiner Schüler
(wie Carl Gustav Jung oder Otto Rank) daraufhin untersucht, mit welchem
theoretischen Instrumentarium in ihnen literarische Texte thematisiert und
interpretiert werden. Zum anderen wird aber vor allem zu fragen, inwiefern sich
die Theorieproduktion der Psychoanalyse selbst literarischer
Subjektivitätskonzeptionen und Schreibweisen verdankt: Wie hängen psychische
Mechanismen wie Verdichtung und Verschiebung mit literarischer Rhetorik
zusammen? Welchen narrativen Mustern verdanken Freuds Fallgeschichten ihre
Kohärenz und Überzeugungskraft? Welchen literarischen Entwürfen des Ich
verdankt sich die psychoanalytische Konzeption des Unbewussten?
Das Hauptaugenmerk des Seminars soll aber literarischen Texten und den Fragen
gelten, mit welchen Verfahren diese die menschliche Psyche beschreiben bzw.
analysieren und wie derart gerade in der Darstellung ihres Scheiterns und ihrer
Grenzen moderne Subjektivität allererst hervorgebracht wird. Zur Beantwortung
dieser Fragen werden in erster Linie Texte der so genannten ›Wiener Moderne‹
herangezogen, da sich diese über ihr Interesse an der literarischen Verfassung
und Reflexion des »unrettbaren Ichs« (Mach) hinaus zumeist auch direkt mit
psychoanalytischen Theorien und Beschreibungsmustern auseinandersetzen und
es derart erlauben, die gemeinsamen kulturhistorischen und epistemischen
Grundlagen von Psychoanalyse und Literatur um 1900 zu rekonstruieren.
WS
2008/09 an der Universität zu Köln Thomas Mann: Der Zauberberg Ursprünglich
als ›Satyrspiel‹ zum Tod in Venedig geplant, welches die ›Sympathie mit dem
Tode‹ nicht mehr aus der tragischen Perspektive des älteren Künstlers, sondern
aus der ironischen Sicht eines jungen und durchschnittlichen Kaufmannssohnes
behandeln wollte, wuchs ›Der Zauberberg‹ während des Jahrzehnts seiner Fertigstellung
zu einem ›Untier‹ von einem Roman an, der einer kaum überschaubaren Vielzahl
philosophischer, politischer und ästhetischer Fragen gerecht zu werden versucht.
Im Sanatorium des Zauberbergs sind die Pathologien der Romanfiguren so eng mit
denjenigen ihrer Epoche verknüpft, dass sich nicht entscheiden lässt, ob Manns
monumentaler Text als Bildungsroman (bzw. dessen Totenrede) oder intellektuelle
Chronik einer im Ersten Weltkrieg ihr so erwartetes wie jähes Ende findenden
Ära angemessen charakterisiert ist.
Während
des Seminars sollen die verschiedenen Diskurse, Philosopheme und Theorien rekonstruiert
werden, die das Personal des Romans ausufernd diskutiert und mit denen ›Der
Zauberberg‹ aus der Perspektive der Weimarer Republik das Psychogramm des Fin
de siècle und die Ursachen für den Untergang der Bourgeoisie des 19.
Jahrhunderts skizziert. Vor dem Hintergrund einer solchen Rekonstruktion wird
insbesondere zu fragen sein, welche Antworten der »Unterhaltungsromancier
Thomas Mann« (Kittler) mit seiner spezifisch bürgerlichen Konzeption der Kunst
auf die revolutionären und totalitären Herausforderungen seiner Zeit zu
formulieren versucht, in welchen Verhältnissen Ästhetik und Politik, die
›Regierungsversuche‹ Hans Castorps und die ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹
zueinander stehen.
SS 2008 an der FernUniversität
Hagen Modernes Erzählen:
Edgar Allan Poe Themen:
1. Mathematisierung der Literatur und 'American Gothic'. Texte:
"The Raven", "The Philosophy of Composition", "The
Fall of the House of Usher", (ggf. auch "The Masque of the Red
Death"); 2. Zum Verfahren der
Detektion als Paradigma der Moderne. Texte: "The Murders in the Rue
Morgue", "The Purloined Letter"; 3. Literatur als Psychologie.
Texte: "The Purloined Letter", "The Tell-Tale Heart",
"The Imp of the Perverse".
SS 2008 an der Universität zu Köln Michel Foucaults Archäologie des
Wissens Michel
Foucaults Untersuchungen zu den Komplexen Macht, Wissen und Subjektivität sind
wie kaum eine andere Theorie der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den
Literaturwissenschaften rezipiert worden. Besonders Foucaults Analysen zur
Funktionsweise historischer Wissensarchitekturen und zur Bildung diskursiver
Formationen haben sich unter dem Stichwort "Diskursanalyse" als
methodisches Instrumentarium zur Beschreibung literarischer Texte durchgesetzt.
Vor diesem Hintergrund möchte das Seminar zum einen mit Foucaults
archäologischer Methode und seinen Überlegungen zu Begriffen wie
"Diskurs", "Episteme" oder "Aussage"
bekanntmachen. Zum anderen wird der Frage nachzugehen sein, wie Foucault das
Verhältnis literarischen Wissens zu anderen, insbesondere wissenschaftlichen
Wissensformen konzeptualisiert und problematisiert. Einleitend werden hierzu
zwar auch Auszüge aus der "Ordnung des Diskurses" und der
"Archäologie des Wissens" besprochen werden, im Mittelpunkt der
Seminardiskussion soll aber ein close reading von Foucaults "Die Ordnung
der Dinge" stehen.
SS 2008 an der Universität zu Köln Epistemologie der Romantik Das
Seminar möchte mit verschiedenen Erkenntnisweisen und Reflexionsfiguren
bekanntmachen, die in romantischen Texten entwickelt worden sind, um gegenüber
den als ungenügend erkannten systemisch-rationalen Denkmustern der Aufklärung
neue Wahrnehmungsschichten und neue Formen der Produktion von Wissen zu
erschließen. Dabei sollen nicht nur Schriften der Frühromantiker (Schlegel,
Novalis, Tieck), deren Theorieproduktion gemeinhin als besonders avanciert und
progressiv gilt, in den Blick genommen werden. Vielmehr soll den ›Poetologien
des Wissens‹ besonders auch in der Prosa der späteren Romantik (Hoffmann,
Brentano, Tieck) nachgespürt werden. Neben den genannten literarischen Autoren
werden auch philosophische und wissenschaftliche Texte aus dem ersten Drittel
des 19. Jahrhunderts (z.B. Müller, Fichte, Schelling, Ritter, Schubert, Reill,
Eschenmayer) mit Blick auf die Frage zu behandeln sein, mittels welcher genuin
literarischer Verfahren dort Erkenntnisse produziert und organisiert werden.
WS 2007/08 an der Universität zu
Köln E.T.A. Hoffmann Die
Texte E.T.A. Hoffmanns haben in jüngerer Zeit neben psychoanalytischen und
medientheoretischen Deutungsansätzen besonders auch diskursanalytisch
orientierte Studien zum Verhältnis von literarischen und wissenschaftlichen
Wahrnehmungs- und Schreibweisen beschäftigt. Neben der Möglichkeit, die
wichtigsten Prosa-Texte Hoffmanns kennen zu lernen, möchte das Seminar daher
auch die drei genannten literaturwissenschaftlichen Ansätze und ihre Eignung
zur Beschreibung romantischer Wissensformen diskutieren. In diesem Zusammenhang
wird besonders der Frage nachzugehen sein, welche Vorstellung von der
menschlichen Psyche und ihren Funktionsweisen die Texte Hoffmanns entwickeln
und wie sie (besonders die unbewussten) psychologischen Mechanismen
poetologisch zu gestalten wissen. Damit der Lektüreaufwand während des
Semesters überschaubar gehalten werden kann, sollten die beiden Romane
Hoffmanns vor Beginn des Seminars gelesen sein.
WS 2003/04 an der
Universität Bonn (gemeinsam mit Nicolas Pethes) Literarische
Anthropologie. Menschenbilder in der Literatur 1800-1900 Das Seminar stellt einen der Kernbereiche der jüngeren
kulturwissenschaftlichen Debatte vor: Bei der Etablierung der »Anthropologie«
als zu gleichen Teilen empirische und transzendentale Wissenschaft vom Menschen
im 18. Jahrhundert spielt die Literatur eine entscheidende Rolle: Zum einen
bietet sie die Möglichkeit, in der Entwicklungsgeschichte eines literarischen
Helden quasi-empirisches Anschauungsmaterial zu liefern und die Fähigkeiten der
Sprache als Aufzeichnungsinstrument von »Erfahrung« auszutesten, zum anderen
verhandelt sie immer wieder die Problematik der Subjektivität und damit –
parallel zur idealistischen Philosophie – das Projekt einer ganzheitlichen
Integration von Körper und Geist.
Literarische Texte sind aus dieser Perspektive
Schauplatz des Prozesses der Ausdifferenzierung und Interaktion von Natur- und
Geisteswissenschaften. Es wird zu fragen sein, welchen Beitrag literarische
Texte zur Formierung des Wissens vom Menschen leisten: Bilden sie wissenschaftliche Kenntnisse einfach nur ab
und konstituieren bestenfalls einen kritischen Nebendiskurs oder geben sie
Probleme und Semantiken vor, an denen sich die Humanwissenschaften orientieren?
Welche Rolle spielen rhetorische und narrative Techniken für die
wissenschaftliche Beobachtung des Menschen? Wir werden wissenschaftliche und
literarische Quellentexte diskutieren und verfolgen, wie sich deren Verhältnis
im Laufe des 19. Jahrhunderts verändert. Insbesondere die Haltbarkeit des
zunächst vor allem literarisch durchgesetzten idealistischen Menschenbilds
steht dabei zur Debatte.